Veranstaltung: | Digitales LDK-Festival 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | 0.D - Demokratie/Innen/Außen/Rüstung |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 9, Nein: 0, Enthaltungen: 0 |
Beschluss durch: | Juso-Landesvorstand |
Beschlossen am: | 09/28/2020 |
Basierend auf: | D05NEU2: Programm zur Evakuierung von Geflüchteten auf den griechischen Inseln initiieren |
Programm zur Evakuierung von Geflüchteten auf den griechischen Inseln initiieren
Beschlusstext
Erneut erleben wir an den EU-Außengrenzen, wie die Festung Europa aussieht. In
unwürdigen Bedingungen werden Geflüchtete als politischer Spielball genutzt.
Dabei erleben die Bundesländer seit 2016 einen massiven Rückgang der Anzahl
Flüchtender. Die freigewordenen Kapazitäten könnten zur Aufnahme von
Geflüchteten genutzt werden.
Derzeit plant die schwarz-grün-rote Landesregierung die Aufnahme von 150
Geflüchteten sowie zusätzlich 50 unbegleiteten Minderjährigen. Jede:r, der durch
solch ein Programm aus den Lagern befreit werden kann, ist ein Erfolg. Aber
angesichts der Tausenden, die weiter an der europäischen Außengrenze verharren
müssen, ist auch jede:r, der oder die zurückgelassen wird, Zeugnis des Versagens
Europas. Angesichts einer grün-roten Beteiligung an der Regierung sind wir Jusos
erschüttert, dass bisher so wenige Menschen nach Sachsen zur Rettung geholt
werden sollen.
Daher fordern wir die Initiierung eines Landesaufnahmeprogrammes, um Geflüchtete
aus den überfüllten griechischen Camps nach Sachsen zu bringen. Die
Landesregierung wird aufgefordert, alle rechtlichen Spielräume auszuschöpfen, um
ggf. auch ohne Zustimmung des Bundes handeln zu können.
Gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG dürfen Bundesländer „Ausländer aus
bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmte[n] Ausländergruppen“ aus
„völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer
Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ aufnehmen.
Die oberste Landesbehörde verfügt hierbei über ein weites politisches
Entschließungsermessen. Die Landesaufnahme darf ungeachtet eines Asylverfahrens
erfolgen.
Voraussetzung für die Wirksamkeit der Landesaufnahmeanordnung ist das
Einvernehmen des BMI gem. § 23 Abs. 1 S. 3 AufenthG: “Zur Wahrung der
Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem
Bundesministerium des Innern”. Der Ermessensspielraum des BMI zur Ablehnung des
Einvernehmens mit einem Landesaufnahmeprogramms ist sowohl inhaltlich, als auch
verfahrenstechnisch begrenzt.
Das Einvernehmenserfordernis soll den äußersten rechtlichen Rahmen für die
ansonsten freie politische Entscheidung der Länder abstecken. Für die
konkurrierende Bundeskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 4 GG gilt zugunsten der
Länder die sog. Erforderlichkeitsklausel nach Art. 72 Abs. 2 GG. Danach hat der
Bund nur das Recht zur Gesetzgebung, wenn und soweit die Herstellung
gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts-
oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche
Regelung erforderlich macht.
Durch die Aufnahme einer in Quantität und Qualität definierte Gruppe von
geflüchteten Menschen, besteht keine Gefahr der Verletzung der
Bundeseinheitlichkeit in diesem Sinne.
Bei einer rechtswidrigen Ablehnung des Einvernehmens zu einer
Landesaufnahmeanordnung durch das BMI, etwa, weil es sich nicht auf die Wahrung
der Bundeseinheitlichkeit bezieht, kann das Land Sachsen das
Bundesverwaltungsgericht anrufen. Außerdem besteht die Möglichkeit, die
Verfassungsmäßigkeit der Einvernehmensvorschrift vom Bundesverfassungsgericht
überprüfen zu lassen.
Daher fordern wir:
- Das Sächsische Staatsministerium des Innern, als oberste Landesbehörde,
wird aufgefordert, die Aufnahme einer zu definierenden Gruppe
signifikanter Größe geflüchteter Menschen von den griechischen Inseln
anzuordnen und dazu die Zustimmung vom BMI einzuholen.
- Die zu definierende Gruppe, die aus humanitären Gründen durch das Land
Sachsen aufzunehmen ist, soll neben unbegleiteten Minderjährigen andere
vulnerable Gruppen umfassen. Darunter sind z.B. neben religiösen
Minderheiten und wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminierten
Menschen auch Alleinerziehende und ihre Kinder, Familien, sowie Menschen
mit Erkrankungen und von Traumatisierung betroffene Menschen zu fassen.
Die humanitären Gründe ergeben sich hier insbesondere aus den derzeitigen
hygienischen Umstände in den Flüchtlingslagern im Hinblick auf die
derzeitige Lage der Coronavirus-Pandemie.
- Sollte das BMI die Anordnung ablehnen, wird das Land Sachsen die Ziele
dieses Landesaufnahmeprogrammes auf dem Rechtsweg weiterverfolgen.
- Sachsen soll sich dafür einsetzen, dass ein bundesweites Aufnahmeprogramm
gestartet wird, mit dem Ziel, alle Menschen aus den Lagern zu evakuieren.
Sachsen wird sich an dem Programm in angemessenem Umfang beteiligen.