Veranstaltung: | Digitales LDK-Festival 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | 0.D - Demokratie/Innen/Außen/Rüstung |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 9, Nein: 0, Enthaltungen: 0 |
Beschluss durch: | Juso-Landesvorstand |
Beschlossen am: | 09/28/2020 |
Basierend auf: | D03NEU9: #WeAreAntifa - Demokratie in Sachsen verteidigen |
#WeAreAntifa - Demokratie in Sachsen verteidigen
Beschlusstext
Sächsische Verhältnisse - eine Beschreibung, eine Frage und ein Appell zugleich.
Sachsen hat ein Nazi-Problem, egal wie viele Konservative versuchen, das
wegzureden. Sachsen ist das Bundesland, in dem zu Christi Himmelfahrt an
mehreren Orten Hitlergrüße gezeigt und eine Gruppe Polizeibeamter angegriffen
wird. Sachsen ist das Bundesland, in dem sich rechte Terrorgruppen wie
"Revolution Chemnitz" oder die "Gruppe Freital" gründeten.Sachsen ist das
Bundesland, in dem sich rechte Prepper Kriegswaffen organisieren können und der
Verfassungsschutz überrascht ist, wenn Journalist*innen ein solches Netzwerk
aufdecken. Sachsen ist das Bundesland, in dem Demonstrationen gegen Corona-
Maßnahmen fast immer von Rechtsradikalen angemeldet und durchgeführt werden.
Sachsen hat ein Nazi-Problem und wir wollen das nicht länger hinnehmen.
Die SPD und die Jusos Sachsen sind antifaschistisch. Es ist unsere Aufgabe, die
Demokratie in Sachsen gegen die Feinde von Rechts zu verteidigen. Diese Aufgabe
schaffen wir nicht nur allein politisch und parlamentarisch. Wir arbeiten daher
in zivilgesellschaftlichen Bündnissen, wir demonstrieren, wir halten im Alltag
dagegen.
Aber auch politisch und gesellschaftlich wollen wir einiges ändern:
Starker Staat gegen Rechte Gewalt und Rechtsterrorismus
Nazis lassen sich nicht von Argumenten überzeugen der beschwichtigen.
Rechtsradikale Netzwerke und Gruppen müssen konsequent zerschlagen, verboten und
vor Gericht gebracht werden. Polizei und Strafverfolgungsbehörden müssen hier
endlich ihren Job tun. Es kann nicht sein, dass lokale antifaschistische
Strukturen mehr Wissen über Aktivitäten von Nazigruppen, als die Polizei oder
der Verfassungsschutz.
Die Zerschlagung von Rechte Gruppen geht aber auch im Kleinen. Zum Beispiel,
indem man Kommunen berät, wie sie rechtextreme Veranstaltungen systematisch
erkennen und Immobiliennutzungen verhindern können. Kommunen müssen handeln,
wenn rechtsradikale Einstellungen bei Angestellten im öffentlichen Dienst
erkennbar werden und die betroffenen Personen sofort entlassen.
Reichsbürger entwaffnen & Verschwörungsmythen aufdecken
Im März 2019 hat der Innenminister Horst Seehofer erstmals eine Reichbürger-
Gruppierung verboten.1) Auch in Sachsen leben über 1000 Menschen, die der
Reichsbürger-Szene zugeordnet werden können. Diese Menschen lehnen nicht nur
unsere Verfassung ab, sie sind auch oft bewaffnet. Eine Konsequente Entwaffnung
von diesen Rechtsradikalen ist daher unabdingbar.
Aktuell verbreiten sich viele Verschwörungsmythen im Netz aber auch auf der
Straße. Diese sind strukturell, und auch immer öfter offen, antisemitisch,
fabulieren von einer vermeintlichen “zionistischen Weltverschwörung” und machen
Jüd*innen für die aktuelle Krisenlage verantwortlich. Hier gilt es nicht nur, zu
widersprechen und argumentativ gegenzuhalten, sondern auch zu handeln, wenn
solche Mythen zu Gewaltaufrufen und Drohungen führen.
Burschis anfechten - Preppern das Spielzeug wegnehmenNach Recherchen der taz,
welche Anfang Juni veröffentlicht wurden, haben sich rechtsradikale
Burschenschaftler im Umfeld Leipzigs auf einen “Rassenkrieg” vorbereitet.
Ausgerüstet mit Kriegswaffen wollten diese Reservisten der Bundeswehr
Andersdenkende und Menschen, die nicht in ihr rassistisches Weltbild passen,
töten. Wir sind schockiert. Der Staat darf nicht weiter zusehen, wie Nazis und
Rassist*innen immer offener Freiheit und Gerechtigkeit angreifen.Deshalb fordern
wir, die Burschenschaft Germania aus Leipzig zu verbieten. Gerade in den
schlagenden Burschenschaften gehören Sexismus, Antisemitismus, Rassismus und
Nationalismus fast immer zum gemeinsamen Zusammenleben dazu. Wir sehen unsere
Aufgabe darin diese Männerbünde aufzubrechen. Rechte Studierende haben an
unseren Unis und Hochschulen nichts verloren, ihnen dürfen keine Räume und Foren
gegeben werden. Rechte Professor*innen müssen, soweit möglich, aus dem Dienst
entfernt werden. Freiheit, Ehre, Vaterland? Unsere Antwort: Widerstand!
Den Demokrat*innen zuhören - Nicht mit Rechten reden
Neurechte Bewegungen wie Pegida & Co sowie die immer wieder in Talkshows
eingeladene AfD haben gezeigt, dass Rechtsradikale nicht an demokratischen
Diskursen teilnehmen wollen, sondern, dass es ihr Ziel ist, die öffentlichen
Debatten und Diskurse inhaltlich zu bestimmen und umzudeuten.
Es macht einen Unterschied, ob Rechtsradikale, wie im Falle der AfD, sprechen
dürfen, weil sie demokratisch gewählt wurden, oder ob Verschwörungstheorien und
rechtem Gedankengut extra eine Bühne gegeben wird. Wir lehnen es deshalb ab,
dass immer wieder Gesprächsangebote und Runde Tische für sogenannte Besorgte
Bürger einberufen werden, während Tausende Demonstrierende von
antifaschistischen und progressiven Bündnissen genauso wenig Gehör finden, wie
zu Beispiel Erzieher*innen, Verkäufer*innen, Pflegekräfte oder Kinder und
Jugendliche.
Nicht nur im Rahmen der Corona-Krise sondern auch darüber hinaus bieten die
Jusos und die SPD Sachsen ihre Gesprächsbereitschaft denen an, die sich für
Demokratie einsetzen und nicht denen, die willentlich und wissentlich neben
Nazis und Verschwörungsmystiker*innen auf der Straße demonstrieren.
Die AfD Entzaubern funktioniert nicht. Deshalb sollte jede*r Genoss*in genau
prüfen, wann es sinnvoll oder vielleicht notwendig ist im Rahmen einer
Veranstaltung mit Vertreter*innen der AfD zu diskutieren und wann eine Teilnahme
an einer solchen Diskussion sinnvoller wäre.
Umgang mit Rechtsradikalen in Polizei, VS und Justiz
Die Polizei, dein Freund und Helfer - ein Satz den viele Aktivist*innen in
Sachsen niemals unterschreiben würden. Gründe dafür finden sich im aggressiven
Verhalten der sächsischen Polizei gegenüber linken Demonstrationen, in der
Anonymität, die Fehler seitens der Polizei kaschieren lässt oder im Racial
Profiling der Einsatzkräfte.
Dabei handelt es sich bei der Polizei nicht um einzelne Fehler oder Unwissenheit
der Beamten. Immer wieder ist die Sächsische Polizei konfrontiert, mit
rassistischen Aussagen ihrer Mitglieder, mit Polizeigewalt, die ihre Beamte
ausführen oder mit internen Chatgruppen, die eindeutig rechtsradikale Gedanken
verbreiten. Auch in der Justiz gibt es solche Vorfälle.
Ein wegen eines rechten Angriff ins Leipzig verurteilter Jura-Referendar darf in
Sachsen trotzdem Volljurist werden. 2)
Verfassungsfeinde haben im Staatsdienst jedoch nichts verloren. Polizei,
Bundeswehr und Justiz müssen handeln und alle Maßnahmen ergreifen, um keine
Rechtsradikalen in ihren eigenen Reihen zu haben. Generell benötigt es auch
innerhalb der Sicherheitsbehörden mehr Sensibilisierung für Rassismus, mehr
Verständnis und Kenntnis von unserer Demokratie und eine bessere Fehlerkultur.
Lange fordern wir deshalb eine wirklich unabhängige Beschwerdestelle oder eine
Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte und werden da auch nicht nachlassen.
Rassismus in Bildungseinrichtungen thematisieren
Die Mehrheit der Menschen in Sachsen ist weiß und kann daher keine
Rassismuserfahrungen machen. Aber niemand von eben jener Mehrheit ist davon
frei, rassistisch zu denken, zu handeln der zu reden - auch wir Jusos nicht.
Rassistische Denk- und Verhaltensmuster müssen in allen Bildungseinrichtungen -
von der Kita bis zur Meisterschule behandelt werden. Wir fordern die Überprüfung
der sächsischen Lehrpläne dahingehend und die Zusammenarbeit mit Vereinen und
Initiativen von BIPoC. Aber nicht nur die Lehrpläne, auch die Arbeitsmaterialien
und Lernmittel, wie Schulbücher, Arbeitsblätter und Filme etc. müssen kritisch
reflektiert werden.
Dazu gehört auch, an Schulen nicht nur über weiße Menschen, sondern auch über
die Leistungen von BIPoC zu lernen, einschließlich ihrem Kampf für mehr Rechte
in Deutschland. Zudem müssen auch die deutschen Kolonialverbrechen in der Schule
thematisiert werden.
Außerdem benötigt es eine weitere Stärkung der Sozialen Arbeit und politischen
Bildung an Schulen, um Vorfälle von Rassismus und Diskriminierung an sächsischen
Bildungseinrichtungen zu thematisieren.
Antifa bleibt Handarbeit - Zivilgesellschaft endlich stärken
Im Kampf gegen Rechte Gewalt und Rechtsradikalität braucht es nicht nur
staatliche Arbeit sondern vor allem auch eine starke Zivilgesellschaft. Diese
wird in Sachsen jedoch seit Jahren klein gehalten, unter Verdacht gestellt oder
in ihrer Arbeit verhindert. Das passiert durch Kürzungen von Geldern, durch
Repressive Polizeiarbeit auf Demonstrationen und durch die in Sachsen nach wie
vor weit verbreitete und längst widerlegte Hufeisentheorie.
Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung heißt es: "Wir bekennen uns zu
einer starken Zivilgesellschaft, die jeden Tag die Werte unserer Demokratie aufs
Neue verteidigt" (S. 66).3) Ein reines Lippebekenntnis reicht und jedoch nicht.
Wir fordern, dass Alternative Jugendzentren, Vereine und antifaschistische
Projekte langfristig und unbürokratisch gefördert werden. Wir fordern eine
Sensibilisierung und ein Umdenken in den Kommunen bei den Versammlungs- und
Ordnungsbheörden sowie bei der Polizei in Bezug auf Demonstrationen.
Für Menschen, die von Nazis bedroht werden, braucht es endlich die im
Koalitionsvertrag vereinbarte zentrale Anlaufstelle die die Drohungen und Ängste
der Zivilgesellschaft ernst nimmt. Dass Menschen wie die ehemalige
Bürgermeisterin Martina Angermann aufgrund von rechter Hetze ihr Amt
niederlegen, darf genauso wenig passieren, wie Drohungen und Hetze im Netz gegen
Aktivist*innen.
Wir geben uns nicht mit den sächsischen Verhältnissen zufrieden. Es gibt kein
ruhiges Hinterland! Alerta!