Veranstaltung: | Ordentliche Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 6.1 Anträge |
Antragsteller*in: | Juso-Hochschulgruppen Sachsen (dort beschlossen am: 03/05/2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03/06/2023, 14:51 |
A26: …Baby One More Time – Für eine progressive Novellierung des sächsischen Hochschulgesetzes
Antragstext
Die Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen und an den Landesparteitag der
SPD Sachsen weiterleiten:
Das alte Hochschul”freiheits”gesetz ist noch nicht mal kalt – die
Gesetzesnovelle noch gar nicht in Kraft getreten. Wir Juso-Hochschulgruppen
haben gemeinsam mit KSS, Gewerkschaftsjugenden und linken Parteijugenden als
Bündnis “Revolution Studium” für eine wahre Progression in Sachsens
Hochschulpolitik gekämpft. Das nüchterne Ergebnis: bis auf punktuelle
Anpassungen ist die ‘Revolution’ ausgeblieben. Frei nach Britney Spears muss es
also für uns heißen: …Baby One More Time – der Kampf um ein progressives
SächsHSG geht weiter.
Dass die Landesgesetzgebung für den Alltag an Hochschulen eine zentrale
Bedeutung hat, wird nicht nur durch die Vielzahl an Hochschulen klar, die ihr
unterliegen, sondern spätestens auch beim Blick auf ihre umfassenden
Kompetenzen: So setzen sie die Regeln für Studium, Lehre und Forschung,
bestimmen die innere Organisationsstruktur der Hochschulen sowie die
Mitbestimmungsrechte der Statusgruppen und begründen die Struktur des Personals
sowie deren Arbeitsbedingungen. Wer etwa die bestehenden Hierarchieverhältnisse,
die Rechte und Pflichten von Studierenden oder undemokratische und verkrustete
Strukturen an der eigenen Hochschule verändern möchte, erkennt daher schnell:
Der Einsatz in den Gremien der studentischen und akademischen Selbstverwaltung
ist von großem Wert, kann dabei aber nur zu so guten Ergebnissen führen, wie das
jeweilige Landeshochschulgesetz dies zulässt. Um Fortschritte innerhalb der
Hochschulen wirksam erkämpfen zu können, muss die landesgesetzliche Grundlage
diese auch zulassen und antreiben.
Für uns Juso-Hochschulgruppen ergibt sich daraus die Konsequenz, insbesondere
die Hochschulgesetzgebung als wichtigen Hebel für unsere politische Arbeit
anzuerkennen und zu nutzen. Jungsozialistische Werte im Sinne der Grundsätze
unseres Verbandes gehören nicht nur in Anträge für den Akademischen Senat und in
Redebeiträge im StuRa, sondern müssen sich zwingend auch im
Landeshochschulgesetz wiederfinden. Eine studierendenfreundliche,
diskriminierungsfreie und progressive Hochschullandschaft wird es in Sachsen
ohne unseren Einsatz im laufenden und in den kommenden Novellierungsverfahren
nicht geben.
Dabei stellen wir grundlegend fest, dass die akademische Unabhängigkeit für uns
ein hohes Gut ist und Wissenschaft an sich auch weiterhin an den Hochschulen vor
Ort, nicht am Verhandlungstisch einer Landesregierung, konkret ausgestaltet
werden muss. Gleichzeitig halten wir es für sinnvoll, Rahmenbedingungen des
Hochschulalltags gesetzlich festzuhalten und so Verbesserungen verbindlich
durchzusetzen. Im Folgenden soll dieser Antrag daher zentrale jahrzehntealte wie
neuere Debatten und Positionierungen der Jusos und Juso-Hochschulgruppen
aufgreifen und ausgewählte Kernforderungen für eine wirklich progressive
Hochschulpolitik in Sachsen zusammenfassen.
Hochschuldemokratie
In Sachen Demokratie und Mitbestimmung haben Hochschulen in Sachsen erheblichen
Nachholbedarf. Das Paradebeispiel für die ungleich verteilten Machtverhältnisse
unter den vier Mitgliedergruppen der Hochschule (Studierende, Professor*innen,
akademisches Personal und andere Beschäftigte) ist die per Sächsischem
Hochschulfreiheitsgesetz vorgeschriebene Mehrheit der Hochschullehrer*innen in
allen akademischen Gremien. Unterstrichen wird dies etwa durch einen
Hochschulrat, dem es an jeglicher demokratischer Legitimierung mangelt, der aber
für den Wahlvorschlag der Rektor*innen zuständig ist oder durch Vorfälle wie an
der Universität Leipzig, wo das Rektorat versuchte, ungelegenen Anfragen
studentischer Senator*innen die Antwort per Senatsbeschluss zu verweigern.
Grundsätzlich fordern wir, Senat und Fakultätsrat in ihren Rechten zu stärken.
Dabei muss insbesondere der restriktive Katalog an Kompetenzen des Senats und
der Fakultätsräte im Sächsischen Hochschulgesetz ausgeweitet werden. Das
betrifft die Aufteilung der Aufgaben zwischen Rektorat und Senat (analog Dekanat
und Fakultätsrat), aber auch das Recht des Senats sich durch Beschluss von
demokratie- und wissenschaftsfeindlichen Bewegungen abzugrenzen.
Für uns Juso-Hochschulgruppen/Jusos Sachsen stellt die Stärkung der
studentischen Mitbestimmung eine zentrale Komponente jeder progressiven
Hochschulpolitik dar. Die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit der
Professor*innen in den Organen, die wegweisende Entscheidungen für Lehre,
Studium und Forschung treffen, lehnen wir ab. Wir fordern die zahlenmäßig
gleichberechtigte Beteiligung aller Mitgliedergruppen in den Gremien der
akademischen Selbstverwaltung, sowie den assoziierten Institutionen wie den
Hochschulbibliotheken. Konkret bedeutet das: Viertelparität jetzt! Einen
Anhaltspunkt für eine solche Reform bietet etwa die zurückliegende Novelle des
Hochschulgesetzes in Thüringen. Darüber hinaus fordern wir die Wahl der
Vorsitzenden akademischer Gremien durch die Gremien selbst.
Gleichzeitig muss das Auskunftsrecht im Senat auf die einzelnen Mitglieder des
Senats ausgeweitet werden! Denn für uns ist eine kritische Begleitung der
Entscheidungen der Rektorate unabdingbar und muss rechtlich festgeschrieben
werden. Analog hierzu fordern wir, dieses Recht im Fakultätsrat einzuführen und
im Sächsischen Hochschulgesetz festzuschreiben, um so mehr demokratische
Mitbestimmung auf Fakultätsebene zu ermöglichen.
In Entscheidungen zu Lehre und Studium muss die Zustimmung einer Kommission für
Lehrangelegenheiten verpflichtend sein. Diese soll mindestens zu 50% mit
Studierenden besetzt sein. So kann sofort eine angemessene Gewichtung
studentischer Interessen in Bezug auf Lehre und Studium in den
Entscheidungsprozess an der Hochschule einfließen.
Darüber hinaus sehen wir studentische Perspektiven in den Entscheidungen der
Rektorate an Sachsens Hochschulen unterrepräsentiert. Ob Corona- oder
Energiesparpolitik, die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass unsere Interessen
bei Entscheidungen, die mehrheitlich Studierende betreffen, häufig nicht genug
Berücksichtigung finden. Deswegen fordern wir mindestens ein*e verpflichtende
studentische Prorektor*in.
Die Verfasste Studierendenschaft ist die Grundlage der studentischen
Selbstverwaltung und der Einbringung der Studierendenschaft als politische Kraft
innerhalb der Gruppenhochschulen und in der Gesellschaft. Die Abschaffung der
Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft ist einer der wenigen
Erfolge der sächsischen Hochschulpolitik aus den vergangenen Jahren. Dabei muss
unser nächstes Ziel sein, diese mit einem allgemeinpolitischen Mandat
auszustatten.
Außerdem wollen Hochschulräte abschaffen oder ihre Kompetenzen auf rein
beratende Funktionen reduzieren. Sie widersprechen unserem Bild einer
selbstverwalteten, demokratischen Hochschule.
Lehrveranstaltungen
Eine attraktive Hochschullandschaft stützt sich auf gute Forschung und gute
Lehre. Als Ableitung dessen besteht die Aufgabe einer Hochschule in der
Vermittlung gesellschaftlicher relevanter Forschung und Lehre mit
interdisziplinärem Fokus. Hieraus ergeben sich weitere Forschungsschwerpunkte
und Profilierungsmöglichkeiten des Hochschulstandortes Sachsens. Die
Sicherstellung interdisziplinärer Lehre soll in Studiendokumenten, erarbeitet
durch zuständige Gremien, sichergestellt werden. Zur Förderung der Lehrqualität
ist eine Evaluierung und Veröffentlichung der Ergebnisse einzelner
Veranstaltungen geboten.
Gute Lehre wird durch langfristige Lehrveranstaltungsplanung, durch Entfristung
des akademischen Personals, Lehrfreisemester und größere Budgets für
studentische Tutorien sichergestellt. Neuberufungen führen zu Veränderungen des
Lehrangebots und sollen eine Verbesserung darstellen. Dies wird durch
verpflichtende Kurse zur Hochschuldidaktik und qualitativ guter Forschung
sichergestellt.
Leistungsanforderungen
Lebenslanges Lernen erfordert eine flexible Studiengestaltung und die
Möglichkeitdes Teilzeitstudiums in jedem Studiengang. Für die Individuelle
Planung und die Vereinbarung mit Nebenjob oder Familie ist die Abschaffung
jeglicher Anwesenheitskontrollen und Vorprüfungen nötig. Eine Abschaffung von
Vorprüfungen und eine flexible Prüfungszeit mit einer unbegrenzten Anzahl an
Wiederholungsversuchen führt im Schnitt zu besseren Prüfungsergebnissen und mehr
ehrenamtlichen Engagement auf dem Campus sowie der Verwirklichung von
Eigeninitiativen durch die Studierenden. Dies muss durch die Hochschulen aktiv
gefördert werden durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten, Materialien und
finanziellen Mitteln.
Studierenden sollten keine Einschränkung in der Studienfinanzierung durch
Missachtung der Regelstudienzeit bekommen, folglich fordern wir die Abschaffung
der Bindung an die Regelstudienzeit und die Einführung einer
Studienverlaufsgarantie mit der Immatrikulation zum ersten Fachsemester.
Gleichstellung und Feminismus
An Hochschulen herrschen noch immer viele Formen des strukturellen Sexismus.
Zwar gibt es durch die gesetzliche Festschreibung von
Gleichstellungsbeauftragten bereits erste Ansätze, diese Diskriminierung zu
bekämpfen. Hochschulen in Sachsen sind allerdings noch weit davon entfernt, die
Ungleichheiten der Geschlechter aus dem Weg zu räumen. Stattdessen sollten
Hochschulen gerade die Orte sein, die als Beispiel vorangehen, um ihrer
besonderen Vorbildfunktion in der Gesellschaft gerecht zu werden.
Während im Wintersemester 21/22 etwa 48% der Studierenden in Sachsen weiblich
waren und der Frauenanteil beim Hochschulpersonal allgemein bei 55,1% lag, waren
unter den Professuren nur 25% in den Händen von Frauen. Das zeigt: strukturelle
Sexismen bestehen auch beim Erreichen von Spitzenpositionen fort. Wir fordern
daher die Umgestaltung der Berufungskommission hin zu einem transparenten und
demokratischen Gremium, das Diversität und Gleichberechtigung an den sächsischen
Hochschulen vorantreibt. Außerdem wollen wir die Quotierung der
beschlussfassenden Gremien, auch dadurch wird die Stimme von Frauen in der
universitären Selbstbestimmung stärker wahrgenommen.
Da es für sexualisierte Diskriminierung und Gewalt in der Hochschule keinen
Platz geben darf, ist die Stärkung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten
unabdingbar. Damit es erst gar nicht zu solchen Fällen kommt, fordern wir auch
weiterhin, dass die Hochschulen dazu aufgefordert werden, eine Leitlinie zu
erarbeiten, die sexualisierte Gewalt unterbindet.
Antidiskriminierung
In die Novelle des sächsischen Hochschulgesetzes wurde, entgegen des lauten
Wunsches aus der Breite der Hochschullandschaft, noch immer kein expliziter
Schutz von Studierenden vor Diskriminierung aufgenommen. Hier gilt es die Lücke
in der Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu füllen, welches
nur auf Diskriminierung von Mitarbeitenden angewendet werden kann. Im Bereich
des Diskriminierungsschutzes sehen wir daher großen Handlungsbedarf, da
Diskriminierung niemals, auch nicht von Studierenden an Hochschulen, toleriert
werden darf. Das bedeutet im Konkreten auch, mindestens eine Person in der
Hochschule damit zu beauftragen, Diskriminierung gezielt abzubauen und die
Möglichkeit zu schaffen, diskriminierende Vorfälle melden zu können. Zudem
sollen die Angehörigen der Hochschule für das Thema sensibilisiert werden,
beispielsweise durch spezielle Antidiskriminierungsrichtlinien und einen
Leitfaden für diskriminierungsfreie Sprache.
Internationalisierung
Nicht erst seit dem Bologna-Prozess sind sächsische Hochschulen international
vernetzt und ein Auslandsaufenthalt oder -studium immer häufiger möglich.
Dennoch bestehen noch einige Unterschiede zwischen den Studiensystemen der
einzelnen Länder, was Kooperationen und Austausch erschwert. Ebenso werden
Nicht-EU-Bürger*innen und Nicht-Staatsbürger*innen bei der Studienbewerbung oft
diskriminiert. Der Freistaat Sachsen ist nicht der alleinige
Entscheidungsträger, was die Ausgestaltung der europäischen Studiensysteme
angeht, aber er kann sich dafür einsetzen, dass wir mittelfristig zu einer
Harmonisierung kommen. Ebenso können wir vor Ort mit gutem Beispiel vorangehen.
Deshalb fordern wir die Gleichbehandlung von EU-Ausländer*innen und Nicht-EU-
Ausländer*innen, insbesondere durch die Abschaffung der Studiengebühren für
Nicht-EU-Staatsbürger*innen sowie leichtere Immatrikulationsvoraussetzungen und
bessere Vorbereitungskurse für ausländische Studierende. Darüber hinaus soll
sich die sächsische Staatsregierung dem Ziel einheitlicher Studienjahre und
vergleichbarer Studienabschlüsse in ganz Europa verschreiben.
Arbeitsbedingungen an den Hochschulen
Im Juni 2021 ging der Hashtag #IchBinHanna online viral. Viele
Wissenschaftler*innen und Mitarbeitende an Hochschulen teilten ihren Unmut über
Kettenbefristungen, die Sorge vor der Arbeitslosigkeit, die ewige Suche nach
einer neuen Stelle und langwierige Beantragung von Forschungsprojekten. Vom CDU-
geführten Bundesbildungsministerium war damals keine Abhilfe zu erwarten. Aber
auch unter FDP-Ministerin Stark-Watzinger fällt der Optimismus schwer. Verwiesen
wird darauf, wie wertvoll die Fluktuation in der Wissenschaft sei, damit immer
neue Ideen durchkämen. Gute, unbefristete Arbeit und die Förderung von
akademischem Nachwuchs schließen sich allerdings keinesfalls aus. Stattdessen
muss neben prekären Arbeitsverhältnissen auch die Unterfinanzierung der
Hochschulen der Vergangenheit angehören: Ausfinanzierte Hochschulen können die
zusätzlichen Stellen und Forschungsprojekte ohne Drittmittelfinanzierung
schaffen, die dringend gebraucht werden. Die nötige Flexibilität in der
Wissenschaft kann zudem durch die Abschaffung des hierarchischen und überholten
Lehrstuhlsystems in Deutschland und die Überführung in ein Departmentsystem
erreicht werden. Insgesamt hat insbesondere die zurückliegende Novelle des
Hochschulgesetzes in Berlin gezeigt, dass eine Zeitenwende bei den
Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft möglich ist. Wir fordern den Ausbau von
Tenure-Track-Professuren in Sachsen und eine gesetzlich verankerte Vertretung
des akademischen Personals analog zur Landesrektor*innenkonferenz und der
Konferenz Sächsischer Studierendenschaften.
Für Studierende ist die Hochschule mehr als ein Ort zum Lernen akademischer
Inhalte. Viele Studierende arbeiten nebenbei als studentische Hilfskraft an
Lehrstühlen oder Instituten. Dabei sind die Arbeitsbedingungen oft miserabel,
wie die im Januar veröffentlichte Studie der Initiative TVStud zeigt. Die Juso-
Hochschulgruppen Sachsen / Jusos Sachsen unterstützen die Initiative, die einen
Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte fordert. Wir begrüßen die Einführung
einer Mindestvertragslaufzeit für studentische Beschäftigte in der aktuellen
Hochschulgesetznovelle. Allerdings fordern wir die Anpassung des Zeitraums von
einem Semester auf 24 Monate. Darüber hinaus wollen wir die
universitätsöffentliche Ausschreibung aller SHK-Stellen.
Promovierende
Mit der Novelle des Hochschulgesetzes gibt es für Promovierende endlich gewählte
Vertretungen, die sich an den Gremien der Hochschulen für die spezifischen
Belange der Promovierenden einsetzen. Eine beratende Funktion der Vertretung
gegenüber Senat und Fakultätsräten reicht aber nicht aus. Vielmehr sollte es den
jeweiligen Promovierendenvertretungen möglich sein, eine*n stimmberechtigte*n
Vertreter*in in die universitären Gremien zu entsenden.
Ferner muss sichergestellt werden, dass die Betreuung der Promovierenden
verbessert wird. Die Promotionsrahmenverträge (Promotionsvereinbarungen) sollten
deshalb verbindlich regelmäßige Rücksprachen beinhalten. Für den Fall, dass
der*die Erstbetreuer*in die Vereinbarung nicht weiterhin einhalten kann (etwa
durch Wechsel der Universität oder Ruhestand), sollte ein*e zuvor festgelegte
Zweitbetreuer*in übernehmen können. Die Rahmenvereinbarungen in den
Promotionsverträgen sollten durch eine unabhängige Promovierenden-
Beratungsstelle an den Hochschulen geprüft werden. Diese Beratungsstellen
sollten Promovierende auch bei Konfliktsituationen gegenüber der Hochschule und
den Betreuer*innen unterstützen.
Es braucht einen grundsätzlichen Wandel im Umgang mit jungen
Wissenschaftler*innen an den Hochschulen. Aus Gründen des Respekts und der
Wertschätzung sollten nicht 50-, 66- oder 75-Prozent-Stellen, sondern 100-
Prozent-Stellen die Regel für Doktorand*innen sein. Nur so kann sichergestellt
werden, dass der weitere Berufsweg an Universitäten attraktiv bleibt und als
finanziell erstrebenswerte Perspektive erachtet wird.
Promotionen dienen nicht nur der Qualifikation des wissenschaftlichen
Nachwuchses, sondern in den Promotionsvorhaben passiert ein großer Teil der
universitären Forschungsarbeit. Promovierende sollten aber nicht noch mehr
arbeiten müssen, als es jetzt schon der Fall ist, sondern weiterhin mindestens
50 % der Zeit an ihrem Promotionsprojekt forschen dürfen. Diese Zeit sollte dann
aber gerechterweise bezahlt werden.
Klimakrise an der Hochschule
Hochschulen spielen eine wichtige Rolle in der Bekämpfung der Klimakrise. Sie
haben eine Vorbildfunktion in der Gesellschaft und können dazu beitragen,
Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit zu fördern. Studierende, Lehrende und
Mitarbeiter*innen fungieren als Multiplikatoren und tragen ihr Wissen und
Engagement in die Gesellschaft. Um dieser Vorbildfunktion gerecht zu werden und
auch als Inspiration für die Hochschulmitglieder zu dienen, fordern wir eine
Verpflichtung der Hochschulen zum Aufstellen einer ambitionierten
Nachhaltigkeitsstrategie, welche die Transformation zu einer nachhaltigen
Institution bis 2030 als Ziel hat, sowie ein jährlicher Nachhaltigkeitsbericht,
welcher die Hochschulgesellschaft über die aktuellen Erfolge und
Herausforderungen auf dem Weg der Transformation informiert.
Eine weitere wichtige Rolle der Hochschulen liegt in der Ausbildung von
zukünftigen Fachleuten und Führungskräften, die die Zukunft mitgestalten werden.
Durch eine gezielte Einbindung von Nachhaltigkeits- und Klimaschutzthemen in
Studiengängen und Lehrveranstaltungen können Absolvent*innen auf die
Anforderungen einer nachhaltigen Zukunft vorbereitet werden. Deshalb fordern wir
die Einführung eines verpflichtenden Moduls für alle Studiengänge, in welchem
fachspezifisch, aber auch interdisziplinär dazu gelehrt wird, wie die Klimakrise
bekämpft werden kann. Weiterhin ist es wichtig, dass Hochschulen ihre
Studiengangsangebote zum Thema Klimagerechtigkeit attraktiver gestalten und
ausbauen und sich insgesamt die Anzahl an Module, auch im Wahlbereich, zu diesem
Thema erhöht.
Hochschulen können auch eine wichtige Rolle in der Erforschung von
Transformationsmodellen hin zu einer komplett nachhaltigen Gesellschaft spielen.
Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis können neue Lösungsansätze
und Technologien entwickelt werden, die einen Beitrag zur Reduktion von
Treibhausgasemissionen und zum Schutz von Ressourcen leisten. Insbesondere hier
fordern wir die Landesregierung auf, die Hochschulen aufgrund ihrer besonderen
Rolle dazu zu verpflichten, einen stärkeren Fokus auf die Erforschung dieser
Transformationsmodelle zu setzen sowie diese Konzepte innerhalb der Hochschule
umzusetzen.
Der Nachhaltigkeitsbegriff, wie er in den Sustainable Development Goals
definiert ist, geht über den reinen Klimaschutz hinaus und umfasst auch soziale
und ökonomische Aspekte. Hochschulen müssen dazu beitragen, ein breites
Verständnis von Nachhaltigkeit zu fördern und die Zusammenhänge zwischen
ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten zu verdeutlichen.
Hochschulautonomie
Im Spannungsfeld zwischen Landesgesetzgebung und Hochschulautonomie ist es nicht
immer einfach, eine klare Entscheidung zu treffen. Während auf Landesebene
Zielvorgaben getroffen werden können sollten, welche durch die Hochschulen
umzusetzen sind, gibt es gleichsam auch Bereiche, in denen Hochschulen mehr
Eigenverantwortung zugestanden werden sollte. Insbesondere Bereiche, die
Hochschulgebäude und -gelände sowie konkrete Maßnahmen zur Umsetzung von
Zielvorgaben betreffen, sollten im Entscheidungsbereich der Hochschulen liegen.
Ebenso sollten diese bereits bei der Aushandlung der Zielvorgaben intensiver
beteiligt werden. Wir fordern daher, eine Bauherr*inneneigenschaft für
Hochschulen, damit sie eigenständig über Modernisierungs- und
Erweiterungsvorhaben entscheiden können, unter Beachtung ihrer Verantwortung für
die künftigen Generationen sollen Hochschulen klimaschonend bauen und den
Einbezug von gewählten und mit allen Statusgruppen paritätisch besetzten
Hochschulgremien, wie den akademischen Senaten, in
Zielvereinbarungsverhandlungen mit der jeweiligen Landesregierung.
Studierendenwerke
Die sächsischen Studentenwerke (sic!) sind wichtige Institutionen für das
studentische Leben. Ob Mensen, Studierendenwohnheime, BAföG, Beratungsangebote
wie die psychosoziale Beratung oder Studierendenclubs, all dies koordinieren die
Studentenwerke (sic!). Doch diese haben über die vergangenen und derzeitigen
Krisen gelitten. Manche Standorte beraten über Kürzungen bei Angeboten, während
andere Preiserhöhungen in den Mensen oder Semesterbeiträgen diskutieren. Für uns
steht fest, die Studierendenwerke müssen voll ausfinanziert werden. Die
Finanzierung muss nicht nur hoch genug sein, um alle Angebote ausbauen zu
können. Sie muss auch die sozialökologische Transformation in den
Studierendenwerken vorantreiben. Der Energiebezug aller Mensen und Wohnheime
muss aus erneuerbaren Energien stammen. In jeder Mensa sollte es genügend
hochwertige und preisgünstige vegetarische und vegane Essensangebote geben. An
dieser Stelle schließen wir uns dem Forderungskatalog “Revolution Mensa” der
verschiedenen bundesweiten Studierendenvertretungen an. Als weiterer Schritt
muss ein angemessenes Budget für den Ausbau der Wohnheime bereitgestellt werden.
Solange das breite Wohnungsangebot nicht in Hand von kommunalen
Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften, sondern Vonovia und Co ist,
braucht es sozialen Wohnungsbau für Studierende. Die Studierendenwerke müssen
auch Bauherr*innenschaft über die von ihnen verwalteten Gebäude besitzen, um ihr
Angebot so autonomer ausbauen zu können. Zuletzt müssen auch die
Studierendenwerke demokratisch funktionieren. Wir finden es richtig, dass die
Verwaltungsräte zur Hälfte aus Studierenden bestehen. Nun müssen eben diese
Verwaltungsräte auch weitere Kompetenzen gewinnen, denn viel zu oft müssen
Studierende mit Ambitionen und Ideen hören, dass “der Verwaltungsrat keine
Kompetenzen dafür besitzt”. Die Studierendenwerke müssen autonomer werden!
Begründung
Begründung erfolgt mündlich.